Mittwoch, 16. März 2011

Leben in der Wolke - Cloud Services

Wer die richtigen Dienste und Tricks kennt, muss nicht mehr planen, welche Dateien er wann auf welchem Rechner braucht. Viele Angebote sind sogar kostenlos, ersetzen teure Desktop-Software und binden Smartphones ein.

Das Ende des USB-Sticks wird auf dem Bostoner Bahnhof eingeläutet. Der MIT-Student Drew Houston ist unterwegs nach New York und will die Wartezeit produktiv nutzen. Doch als er seinen Laptop aufklappt, bemerkt er, dass er seinen USB-Stick vergessen hat. Er ärgert sich – und beschließt, das Problem endgültig zu lösen. Noch im Bahnhof schreibt er die ersten Zeilen eines Programms, das inzwischen das digitale Leben von Millionen Nutzern umgekrempelt hat: Dropbox.

Früher schickte man Hausaufgaben als E-Mail-Anhang an sich selbst, synchronisierte PC und Notebook mit einer externen Festplatte, saugte Fotos per USB-Kabel vom Smartphone oder verzweifelte wegen verlorener USB-Sticks. Heute gleicht man Rechner, Laptop und Smartphone mit Dropbox ab und lächelt über die Verrenkungen der Vergangenheit.

Damit ist Dropbox eines der besten Beispiele dafür, wie die als Megatrend angepriesene Cloud schon heute das Leben vereinfacht. Nicht nur für den Datei-Abgleich gibt es Gratisangebote: Microsoft stellt seinen Nutzern eine 25 GByte große Online-Festplatte zur Verfügung, Flickr bietet unbegrenzt Platz für Foto-Alben, Adobes Web-Apps bearbeiten Bilder und layouten Texte, Evernote verteilt Text- und Sprachnotizen im Gerätepark von Mobil-Junkies und Google bietet einen mächtigen Online-Kalender.

Manche dieser Dienste laufen komplett im Browser, andere setzen auf PC-Programme und Smartphone-Apps. Allen gemeinsam ist, dass sie Inhalte im Netz bereitstellen, wo man sie von überall erreichen und bearbeiten kann. Konkrete Vorteile bringt das Cloud-Prinzip dem Nutzer allerdings erst, wenn die Dienste einfach zu bedienen sind und Mobilgeräte nahtlos einbinden.
Einstiegsdroge Dropbox

So liegt der Clou von Dropbox nicht darin, dass jeder Nutzer 2 GByte Online-Speicherplatz geschenkt bekommt – andere Datei-Synchronisierer bieten 5 GByte gratis, einige Online-Festplatten sogar bis zu 50 GByte. Dropbox hat dank einfacher Bedienung und gelungener Integration in die Betriebssysteme die Nase vorn, wenn es darum geht, mehrere Geräte bequem auf dem gleichen Stand zu halten.

Cloud-Einsteiger werden vom Dropbox-Prinzip nicht überfordert. Synchronisiert wird ausschließlich der Dropbox-Ordner, der nach der Installation des PC-Clients erscheint, wodurch die Grenze zwischen Online- und Offline-Material stets gut sichtbar bleibt. Innerhalb des Ordners verraten eindeutige Symbole, welche Unterordner privat sind und welche man für andere Nutzer freigegeben hat. Mit „Selective Sync“ schließt man Ordner vom Abgleich aus, zum Beispiel, damit Privates nicht auf dem Arbeitsplatzrechner erscheint.

Für Android- und Blackberry-Geräte sowie iPhone und iPad gibt es Dropbox-Apps. Nach der Installation laden sie anders als die PC-Clients nicht die gesamte Kiste aus dem Netz herunter. Erst wenn man eine Datei antippt, wird sie geladen. Das schont das UMTS-Daten-Kontingent. Ist man ohne Laptop und Smartphone unterwegs, kann man sich an fremden PCs im Browser in die Dropbox einloggen.

An Freunde oder Kollegen gibt man Inhalte leicht weiter. Mit ein paar Mausklicks verschickt man E-Mail-Einladungen an andere Dropbox-Nutzer, die dadurch Lese- und Schreibrecht im ausgewählten Ordner erhalten – auch zum Urlaubsfoto-Austausch braucht man also keinen USB-Stick mehr. Nutzen die Bekannten Dropbox nicht, kann man Links zu Bildergalerien verschicken.
Speicherplatz für andere Apps

Die zuverlässige Synchronisierung beherrschen Konkurrenten wie SugarSync,Microsoft Live Mesh oder box.net ebenfalls, für die Freigabe von Dateien an andere Nutzer bieten sie teilweise deutlich ausgefeiltere Optionen. Doch mittlerweile darf man die Datei-Synchronisierer nicht mehr isoliert betrachten: Seit der Freigabe der Programmierschnittstelle (API) im Mai 2010 sind über 200 Smartphone- und Web-Apps erschienen, die auf Dropbox zugreifen und den Funktionsumfang erweitern.

Auf der Diskussionsplattform dropbox.com/votebox fordern die Nutzer von den Dropbox-Machern Verbesserungen. Populär sind die Forderungen nach günstigeren Speicher-Upgrades (50 GByte kosten 10 US-Dollar pro Monat) und abstufbaren Zugriffsrechten für freigegebene Ordner. Der mit Abstand häufigste Kritikpunkt betrifft jedoch die Tatsache, dass nur das Dropbox-Verzeichnis synchronisiert wird.

Was Einsteigern entgegenkommt, nervt viele Power-User, weil sie durch das Verschieben in den Dropbox-Ordner ihre vorherige Ordnung durcheinanderbringen. Und genau besehen löst Dropbox das alte USB-Stick-Problem nicht konsequent: Auch Dropbox-Nutzern kann es passieren, dass sie eine Datei an der falschen Stelle liegen lassen (etwa auf dem Desktop) und deshalb unterwegs nicht im Zugriff haben.

Das Dropbox-Team hat vor rund drei Monaten versprochen, das Problem zu lösen. In Zukunft sollen auch Dateien, die nicht verschiebbar sind, synchronisiert werden – wann und wie genau das umgesetzt wird, ist aber noch nicht bekannt.

Überzeugt die Lösung nicht, könnte es sein, dass viele Nutzer zu den etwas komplizierteren Konkurrenten Live Mesh oder SugarSync weiterziehen, bei denen man beliebige Ordner per Mausklick für den Abgleich wählen kann. Manchen dürfte aber auch das nicht reichen, sie wagen vielleicht bald mit sämtlichen Daten und Anwendungen den Schritt in die Cloud und lösen damit das USB-Stick-Problem endgültig. Die dafür geeigneten Produkte – Laptops mit Googles Chrome OS – sollen in einigen Monaten auf den Markt kommen.

Quelle: www.heise.de

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